Der Blätterkatalog benötigt Javascript.
Bitte aktivieren Sie Javascript in Ihren Browser-Einstellungen.
The Blätterkatalog requires Javascript.
Please activate Javascript in your browser settings.
12 Einführung der Vergleich mit den parlamentsgeschichtlichen Entwicklungen vor allem in Großbritannien und Frankreich stets mitgedacht Das erscheint nicht zuletzt vor dem Hintergrund der neuerdings wieder auflebenden Debatten um einen autoritären »Sonderweg« Deutschlands in die Moderne angebracht der sich negativ von den britischen und französischen Entwicklungspfaden abgehoben habe 2 Die Diskussion kreist vor allem darum ob und inwieweit die Ausbildung von Institutionen und Mentalitäten in Deutschland über weite Strecken des 19 und 20 Jahrhunderts grundsätzlich von einer westlichen Normalentwicklung hin zu immer mehr Freiheit und Demokratie abgewichen sei Im Zentrum der Kontroverse stehen die Bewertung des Deutschen Kaiserreichs von 1871 und die Frage welche Bedeutung dessen politische und gesellschaftliche Verfassung für das Scheitern der Weimarer Republik und die Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur besessen hat Bei der Beurteilung der angedeuteten Fragen stimmen die Autorinnen und Autoren – bei allen unterschiedlichen Akzentsetzungen im Einzelnen – darin überein dass die Kontinuitäten zwischen Kaiserreich und Weimarer Republik vielfältig waren Obrigkeitsstaatliche Traditionen in Militär und Bürokratie gehörten ebenso dazu wie die langjährige Einübung des Wählens unter den Bedingungen des allgemeinen Wahlrechts für Männer radikalnationalistische Interessenverbände ebenso wie die Organisationen der Arbeiterund Frauenbewegung Auch die Wandlungen des politischen Systems zwischen 1871 und 1914 die zu einem erheblichen Machtzuwachs des Reichstags führten sind durch zahlreiche Untersuchungen belegt Allerdings blieb der Kern des Obrigkeitsstaates bis zu den Oktoberreformen 1918 mit denen das allgemeine Wahlrecht für Männer in Preußen und die parlamentarische Regierungsform auf nationaler Ebene eingeführt wurden erhalten Die Hegemonie der konservativen preußischen Monarchie über das Reich hatte grundlegende Verfassungsänderungen ausgeschlossen und eine Mentalität in großen Teilen der militärischen und bürokratischen Eliten konserviert die dem Parlamentarismus distanziert bis ablehnend gegenüberstanden 3 Dennoch war das Scheitern der infolge der Novemeberrevolution 1918 ausgerufenen Weimarer Republik nicht zwangsläufig und es hatte wie die Errichtung der nationalsozialistischen Diktatur viele Ursachen Nur einige von ihnen lassen sich auf den preußischdeutschen Obrigkeitsstaat zurückführen Andere ergaben sich etwa aus dem verlorenen Weltkrieg und den durch ihn hervorgerufenen gesellschaftlichen und mentalen Verwerfungen oder sie resultierten aus spezifischen nicht vorhersehbaren Problemlagen der Weimarer Republik wie der Weltwirtschaftskrise Dass die historischen Selbstverständigungsdebatten in Deutschland gegenwärtig am Beispiel des Deutschen Kaiserreichs geführt werden während die Geschichte der Weimarer Republik und selbst des Nationalsozialismus dahinter zeitweise