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Epilog 637 gibt uns etwas?« 21 Zehn Jahre später 1965 ermittelten Umfragen in einer repräsentativ ausgewählten westdeutschen Mittelstadt eine deutliche absolute Mehrheit der Einheimischen 58 8 % gegen eine stärkere Unterstützung der Vertriebenen Denn 61 4 % der Befragten von den über 60-jährigen sogar 70 8 % meinten es gehe den Neubürgern aufgrund der staatlichen Unterstützung heute sogar besser als den Alteingesessenen 22 Das heißt summa summarum dass die staatlichen Eingliederungsund Entschädigungsmaßnahmen seit Ende der 1940er Jahre »auf wenig Verständnis und Unterstützung bei der Bevölkerung« gestoßen waren 23 Wie das Stimmungsbild ausgesehen hätte wenn die meisten Einheimischen den Vertriebenen nicht gleichzeitig großen Fleiß und gute Manieren bescheinigt 24 und wenn beide Gruppen nicht »grundlegende Werte und Normen« geteilt und die gleiche Sprache gesprochen hätten 25 mag man sich angesichts der Millionenmasse der im westlichen Deutschland zwangsangesiedelten Menschen kaum ausdenken Hatte die nur bedingte Bereitschaft zu Opfern für die Vertriebenen auch mit einem untergeordneten Stellenwert der Ostgebiete im kollektiven Gefühlshaushalt der West-Deutschen zu tun? Nahmen die Deutschen ihren verlorenen Osten womöglich anders wahr als die Finnen ihr mythenumranktes Karelien? 26 Und was für eine Rolle spielte dabei dass von Finnland vor der karelischen Zwangsmigration eben kein rassenideologischer Vernichtungskrieg ausgegangen war? 27 Der junge aus Schlesien stammende CDU-Bundestagsabgeordnete Helmut Sauer gewann jedenfalls im Jahr des Lastenausgleichsschlussgesetzes 1975 den 21 Landsberg Das Zusammenleben S 9 ff 22 Hinst Das Verhältnis S 42 f 23 Ebd S 44 Von den Ostvertriebenen deren große Mehrheit die schlechte Stimmung der Westdeutschen wegen des Lastenausgleichs realistisch einschätzte stimmten übrigens nur gut 10 % der Meinung zu es gehe ihnen heute besser als den Altbürgern 24 In beiden Gruppen schätzten folglich 80 % das wechselseitige Verhältnis als insgesamt gut ein Ebd S 93 25 So Dettmer Konflikte S 320 auf der Basis ihrer Studien in niedersächsischen Gemeinden Wie Dettmer betont hatte der westdeutsche Sozialneid auf die sich wieder hocharbeitenden Ostdeutschen nicht zuletzt in der vorher gegen die Vertriebenen gerichteten Armutsstigmatisierung seine Wurzeln Viele Einheimische konnten sich einfach nicht vorstellen dass es beim Aufstieg der ostdeutschen Habenichtse mit rechten Dingen zuging Auch etwa im Katholischen Flüchtlingsrat wurde deshalb schon früh mit Sorge registriert wie der beginnende Lastenausgleich »die psychologischen Gegensätze« zwischen Einheimischen und Vertriebenen vertiefte BZA Generalia 1946– 1961 263 10 Protokoll der Sitzung vom 16 März 1950 26 Vergleichende Beobachter haben früh vermerkt dass der Verlust Kareliens für Finnland »noch mehr als den materiellen Wert« bedeutete Die verlorene Provinz stehe für »das sechshundert Jahre lang hart verteidigte Stammland der finnischen Volkstradition das Land der finnischen Sagen und Märchen das Land des Kalevala-Epos« der Verlust habe »somit das finnische Volk in seinem innersten Wesen« getroffen Gadolin Das Flüchtlingsproblem S 4 f 27 Vgl Kittel Vertreibung S 13