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18 Einleitung aus diesem Grund aber ist das Treibhaus als historische Quelle besonders gut geeignet den intellektuellen Kontext seiner Entstehungszeit zu erschließen und gleichzeitig in die größeren Zusammenhänge der deutschen Geistesgeschichte einzuordnen 27 Koeppen verarbeitete sowohl Parlamentsdebatten als auch unzählige Artikel aus Zeitungen Zeitschriften und Illustrierten Die politischen und kulturellen Diskurse der frühen Bundesrepublik von der Wiederbewaffnung‹ über den Wiederaufbau‹ bis hin zum Jugendschutz wurden zu Kristallisationspunkten seiner Phantasie und der poetischen Aneignung Sie wurden zum Gegenstand der Distanzierung des politischen und philosophischen Nachdenkens Gelesen wurde das Treibhaus in der Folge meist als linker pazifistischer und wütender Kommentar zum Kurs der frühen Bundesrepublik was es durchaus auch ist 28 Einige die den Roman ablehnten werteten ihn als Angriff auf den jungen Bonner Staat und seine Politik Andere Aspekte des Romans wurden hingegen bis heute weniger beachtet Das gilt etwa für seine Auseinandersetzung mit dem historischen Ort der Bundesrepublik in der deutschen Geschichte oder mit der Architektur der Nachkriegsmoderne‹ und vor allem für die selbstkritische Reflexion über die Rolle von Schriftstellern und Intellektuellen im Zeitalter der Ideologien‹ Koeppens Treibhaus ist stets zweierlei eine satirische aggressive Auseinandersetzung mit der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft und ihrem Parlamentarismus sowie die hoffnungslose Erzählung vom Scheitern einer Romanfigur eine traurige Liebesgeschichte und depressive Lebensbilanz Das Treibhaus ist Politikbeobachtung und Tagesgeschehen sowie Poesie in einer langen Tradition von Kunst und Kultur Einerseits ist es ein Produkt seiner Entstehungszeit in das sich die Wahrnehmung der verschiedensten Medien Orte und Architekturen gleichsam eingeschrieben‹ hat andererseits ist es ein Werk das zum Kanon der deutschsprachigen Literatur gehört nicht zuletzt wegen der vielschichtigen Anspielungen Indem diese Studie beiden Spuren folgt ist sie erstens ein Text über Bücher und ihre Autoren insbesondere über das Treibhaus und Wolfgang Koeppen Zweitens ist sie eine Arbeit über den Parlamentarismus in der frühen Bundesrepublik über sein Bild in der Öffentlichkeit und seine bauliche Repräsentation in Bonn Drittens ist sie ein Buch über Medien über Journalisten und Intellektuelle Daraus entstand viertens eine Arbeit über die politische Kultur und die Demokratisierungsprozesse nach dem Nationalsozialismus Schon lange sind Koeppens Ro-27 Das Lebensgefühl der Fünfzigerjahre könnten »spätere Generationen möglicherweise nirgendwo anders so reflektiert und in gleicher poetischer Dichte … erfahren« wie bei Koeppen G & H Häntzschel Koeppen 2006 S 8 28 Zuletzt G Rüther Die Unmächtigen 2016 S 7578