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22 Einleitung den Fehlkonstruktionen und versäumten Entscheidungen die zur umfassend verstandenen »Krise« seit den 1960er Jahren führten 46 Sie mündete Anfang der 1990er Jahre in der Auflösung des Parteiensystems nach dem Korruptionsskandal Tangentopoli mit dem sich die politische Klasse Italiens parteiübergreifend desavouierte und die sogenannte Erste Republik unterging Unverwickelt waren einzig die Kommunisten dennoch bescheinigt die seit den 1990er Jahren boom ende Aufarbeitungshistorie auch ihnen einen wesentlichen Anteil am Scheitern der Ersten Republik 47 Als ihre große Aporie gilt der unmögliche Regierungswechsel die ausbleibende alternanza Da der PCI rasch zur zweitgrößten Wählerpartei anwuchs aber im parlamentarischen »conventio ad excludendum« dauerhaft von der Regierungsbeteiligung ausgeschlossen wurde schien der stabilen christdemokratischen Wahlgewinnerin der Democrazia Cristiana DC die Rolle der permanenten Regierungspartei nachgerade schicksalhaft zuzufallen Dies beförderte den Staatsklientelismus den christdemokratischen sottogoverno und den Groll jener die über keine Kontakte zur Staatspartei verfügten Für die Immobilität der Ersten Republik scheinen sodann die starken und relativ persistenten politischen »Subkulturen« verantwortlich die an eine zerklüftete Wählerlandschaft denken lassen während sich die politischen Eliten im Parlament zunehmend in interfraktioneller Zusammenarbeit consociativismo ergingen Ein fehlendes Parteiengesetz das innerparteiliche Demokratie garantiert hätte und die Persistenz herber sozialer Konflikte im Umfeld der Fabriken machen das Bild einer belasteten und unvollkommenen Republik perfekt 48 Die gespaltene Historikerzunft hat zwei unterschiedliche Interpretationen für die »Anomalie« Italiens Lucio Caracciolo hervorgebracht Während die nach links neigende Fraktion die fehlenden demokratischen Traditionen vor dem Faschismus die »Kontinuität des Staates« Claudio Pavone nach 1945 und das Repräsentativitätsproblem in der Parteiendemokratie ins Feld führen problematisiert das rechte liberalkonservative Lager vor allem das schwierige Verhältnis der Italiener zur Nation und die Frage ihrer kulturellen Einheit 49 46 Die italienischen Anomaliegeschichten diskutiert anschaulich L Caracciolo L’Italia 1999 Siehe die Deutungen bei S Lanaro Storia dell’Italia repubblicana 1992 P Ignazi Potere dei partiti 2002 A Di Michele Storia dell’Italia repubblicana 2008 G Crainz Autobiografia 2009 Deutsche Blicke auf die italienische Nachkriegsgeschichte akzentuieren stärker ihre Erfolge so H Woller Geschichte Italiens 2010 S 258 f 300–307 319–321 329 311 f 334 C Jansen Italien seit 1945 2007 47 Maßgeblich dafür P Scoppola Repubblica dei partiti 1997 Siehe auch F Cicchitto L’influenza del comunismo 2008 48 Gut nachvollziehbar bei M Kreile Republik Italien 2000 49 Zur »linken« Deutung siehe etwa N Tranfaglia Prima guerra mondiale 1995 S 655 f 673 G E Rusconi Resistenza 1996 S 70 S Colarizi Togliatti e l’anomalia italiana 2007 S 426 429 umfassend M S Piretti Elezioni 1995 Auch hier wird jedoch das Fehlen gemeinsamer nationaler Bezugspunkte betont dessen Wurzeln in der Zeit seit dem Ersten Welt krieg verortet werden siehe S Neri Serneri Classe partito nazione 1995 S 263–284 vgl auch G E Rusconi Nazione 1993 Zur »rechten« Deutung siehe E Galli della Loggia Morte della patria 1995