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23 Einleitung Diese zweite Deutung kreist um das unverarbeitete Trauma des Bürgerkrieges von 1943–1945 der eine positive Nationsvorstellung ausgelöscht habe Hohe Konjunktur hat in beiden Lagern seit drei Jahrzehnten die Dekonstruktion des Resistenza-Gründungsmythos der Republik wonach die Mehrheit der Italiener 1943–1945 im antifaschistischen Kampf vereint gewesen sei 50 Einer ausgewogen argumentierenden Geschichtswissenschaft gelten Bürgerkrieg und Resistenza inzwischen als umstrittene Erinnerungsorte einer in der Einschätzung von Faschismus und Antifaschismus gespaltenen Republik 51 Vor diesem Hintergrund wird auch das Wirken der großen politischen Parteien die sich nach 1945 auf den Antifaschismus beriefen – insbesondere die Christdemokraten die in dieser Hinsicht jedoch gespalten waren die Kommunisten und die Sozialisten – unterschiedlich bewertet Jüngere Studien haben sich bemüht ihre Leistungen in der Transitionszeit und in der Frühphase der Republik zu betonen Durch ihre Massenorganisationen und die Wertewelt die sie zur Verfügung stellten hätten sie den Italienern kulturellen Halt gegeben ihnen die vermeintlich fehlende Zivilkultur vermittelt und ihnen so einen Weg vom Faschismus in die Demokratie gebaut Mariuccia Salvati hat ihr Verdienst bei der »Nationalisierung« der »Massen« hervorgehoben 52 Blicken solche Befunde auf die konstitutive Phase der Republik und auf ihre lokale ›Herstellung‹ verlagert sich die Untersuchungsebene für die Zeit ab den späten 1950er Jahren auf die nationale Ebene und im Wesentlichen nach Rom wo die Parteiführungen politische Entscheidungen trafen oder unterließen und nicht in der Lage schienen dauerhaft stabile Regierungen zu bilden und die »Modernisierung« Italiens steuernd zu begleiten Letztlich gilt das Unvermögen der Mitte-Links-Regierung centrosinistra im Laufe der 1960er Jahre mit adäquaten Reformen und wirtschaftspolitischen Konzepten eine sich wandelnde Gesellschaft zu begleiten und auf Konjunkturstörungen zu antworten als ausschlaggebend für die beginnende »Krise« die seither die italienische Republik nicht mehr losließ 53 Wie sehr sie sich als zeitgenössische Selbstbeschreibung einbrannte hat der USamerikanische Politikwissenschaftler Joseph LaPalombara in einem erfrischenden Abgesang auf die Chance die italienische Republik mit sozialwissenschaftlichen Kategorien zu vermessen ironisch beschrieben Als Ronald Reagan 1985 den italienischen Ministerpräsidenten Bettino Craxi empfing fragte er ganz im Stile seiner Vorgänger »Wie 50 Vgl L Klinkhammer Novecento 2004 S 123 51 Vgl ders Resistenza-Mythos 1997 J Petersen Ort der Resistenza 1996 F Focardi Reshaping the Past 2003 ders Guerra della memoria 2005 I Brandt Memoria 2010 P Cooke Legacy 2011 52 Vgl M Salvati Cittadini e governanti 1997 S 27 S Lupo Partito e antipartito S 22 f G Gozzini Democrazia dei partiti 2007 S 299 f A Ventrone Cittadinanza 2008 S Neri Serneri ders Gli spazi dei partiti 1997 P Pombeni Ipartiti e la politica 1997 Zur Diskussion vgl M Ridolfi Tradizioni 2012 53 Vgl S Lanaro Storia dell’Italia repubblicana 1992 S 326–363 G Crainz Paese mancato 2005 S 19–32 u Kap 3 G Moro Anni Settanta 2007 S 49 f