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28 Einleitung direkteren Formen der Teilhabe 75 Überdies hatte sie widerstreitende Verfechter die jeweils für sich reklamierten die ›wahrhaftige‹ Demokratie zu verkörpern oder im Namen der Demokratie zu sprechen und das Konzept als argumentative Waffe nutzten um damit spezifische Interessen zu verfolgen 76 Deshalb geht es im Folgenden nicht darum Demokratie als eine Norm zu begreifen und dann zu messen wie weit Westdeutsche und Italiener beispielsweise um 1960 noch davon entfernt waren 77 Vielmehr ist die Nachkriegsdemokratie als eine spezifische historische Konfiguration zu verstehen die auf bestimmten politischen Legitimitätsvorstellungen basierte Diese beeinflussten das Selbstverständnis und das Handeln des Demos wie das seiner politischen Vertreter und der demokratischen Regierungen und sie kamen in der politischen Kommunikation zum Ausdruck und wurden dort zur Disposition gestellt 78 Es geht also darum die Nachkriegsdekaden als eine Phase zu begreifen da ›Demokratie‹ auf eine gewisse Weise gedacht und gemacht wurde und der ein bestimmtes Verständnis von politischer Repräsentation und Partizipation zugrunde lag Über die grundlegenden Strukturmerkmale der westeuropäischen Nachkriegsdemokratie in den Trente glorieuses ist sich die historische Forschung inzwischen weitgehend einig Sie war eine kapitalistische Demokratie unter pädagogischer und ökonomischer Führung der USA und verstand sich als freiheitlicher Gegenentwurf zum Ostblock Sie erhob sich selbst zum Ideal Sie zog Lehren aus der Vergangenheit insbesondere der Zeit seit dem Ersten Weltkrieg indem sie auf utopische Überhänge pathetische Formeln und verheißungsvolle Phrasen verzichtete Sie war eine nüchterne Demokratie Sie stellte sich in den Dienst der Menschenwürde und essentieller Freiheiten des Individuums und war dahingehend eine vom Diskurs der Menschenrechte und von der Totalitarismustheorie inspirierte Denkformation Wesentlich aber war vor allem dass Partizipation nicht mehr ihr zentrales Anliegen darstellte Sie konzentrierte Politik bei Staat und Parlament und war damit repräsentativparlamentarische 75 Vgl umfassend P Nolte Was ist Demokratie? 2012 76 Vgl P Nolte Jenseits des Westens? 2013 S 277–281 T B Müller A Tooze Normalität und Fragilität 2015 P Corduwener The Problem of Democracy 2017 H Richter Moderne Wahlen 2017 S Mende »Alternative« 2009 S Forner Reconsidering the ›Unpolitical German‹ 2014 M Ridolfi Italia a colori 2015 Für Studien zur parlamentarischen Demokratie vgl J Lawrence Electing our masters 2009 T Mergel Propaganda 2010 ders Parlamentarische Kultur 2002 M L Anderson Lehrjahre 2009 H Kaal The voice of the people 2018 ders Popular Politicians 2018 77 Das taten Soziologen und Politikwissenschaftler im Kalten Krieg siehe G A Almond S Verba Civic Culture 1963 ähnlich mit Blick auf die civic traditions in Italien R D Put nam Making Democracy Work 1993 Zu historiographischen und sozialwissenschaftlichen Blicken von außen auf die Republik Italien vgl auch die Beiträge in S Woolf L’Italia repubblicana 2007 78 Zu den Forschungsdesiderata auf diesem Feld vgl M Conway P Romijn Political Legitimacy 2008 S 5 f Der hier benutzte Legitimitätsbegriff meint ein »informal set of values that existed within Europe’s different political cultures and which acted on rulers and ruled alike« siehe ebd S 2 f