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33 Einleitung camoufliert worden war und auch im konsensliberalen Ordnungsmodell des Westens eingehegt werden sollte Regierungen mochten konsensorientiert handeln Wähler mussten dennoch zwischen verschiedenen Parteien wählen die sich in der Atmosphäre des Kalten Krieges scharf voneinander abgrenzten Für Italien ist die bipolare Konfliktdimension zwischen Links und Rechts wobei ›Rechts‹ hier im weiten Sinne verstanden wird und auch weite Teile der Christdemokraten umfasst in der Forschung überbetont worden für die Bundesrepublik eher unterbelichtet geblieben Doch das innergesellschaftliche Konfliktgefüge war komplexer und umfasste auch soziale generationelle und geschlechtsspezifische Konflikte um die Repräsentation im Staat und den Zugang zu den volkswirtschaftlichen Ressourcen 96 Wenn der Aufstieg des Nationalsozialismus und in gewisser Hinsicht auch jener des italienischen Faschismus in erster Linie als Reflex gegen den gesellschaftlichen und politischen Interessenpluralismus zu interpretieren ist 97 dann avanciert die Frage wie Deutsche und Italiener nach 1945 mit der Rückkehr des Pluralismus umgingen zu einer Kardinalfrage der Demokratiegeschichte nach 1945 Von politischen Konzeptionen gesellschaftlicher Funktionseliten führender Politiker und Intellektueller kann dabei nicht umstandslos auf den Umgang mit Pluralismus im Alltag der Nachkriegsgesellschaften geschlossen werden – aus dem Umgang von Wahlbürgern mit dem Konkurrenzkampf widerstreitender politischer Parteien schon eher 98 Die Konzeptualisierung des postwar model als einer Parteiendemokratie erschließt auch einen neuen Blick auf die außerparlamentarischen Bewegungen und Partizipationsvorstellungen die sich seit der zweiten Hälfte der 1960er Jahre ausbreiteten Versteht man die Wahlbürger vor ›1968‹ nicht als verschlafene Wesen sondern als Akteure die sich in einem Gefüge partizipativer Ermöglichungsstrukturen bewegten die von politischen Parteien und Gewerkschaften dominiert waren so sind die außerparlamentarischen Akteure zunächst einmal als Wahlbürger zu verstehen die sich gegen die Aktivität in einer politischen Partei entschieden Ihr Auftritt war in den Strukturen des postwar model of democracy immer auch eine Kommunikation mit Ortsvereinen und Ortsverbänden Parteizellen und Parteisektionen so die kleinsten territorialen Einheiten der italienischen Parteiendemokratie Delegiertenversammlungen und Parteikongressen die dem Partizipationsverständnis der Protestakteure offenbar nicht entsprachen 99 Die historische Forschung hat inzwischen viel Wissen über das »Modell des partizipierenden Menschen« 100 angehäuft das sich mit der 96 Solche Konflikte werden in Studien offenkundig die in ihrer Heuristik die ›einfachen Leute‹ zu erfassen suchen M Fenske Demokratie erschreiben 2013 K Weinhauer Konflikte 1998 den Geschlechterkonflikt betont Cv Hodenberg Das andere Achtundsechzig 2018 Kap 5 97 So U Herbert Geschichte Deutschlands 2014 S 316 f 98 Zum Umgang mit Pluralismus mit Blick auf gesellschaftliche Eliten siehe J Angster Konsenskapitalismus 2003 A Doering-Manteuffel Westernisierung 2003 ders Zeitbögen 2014 99 Vgl H Nehring Die eigensinnigen Bürger 2007 100 H Knoch »Mündige Bürger« 2007 S 37