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46 Einleitung ersten Parlamentswahlen koinzidierte einerseits der Beginn des Wiederaufbaus und der darin aufgehobenen Hoffnungen auf Wohlstand und Neuanfang andererseits der Beginn des Kalten Krieges der polarisierte aber auch die genannten Hoffnungen bedrohte Stadtgeschichte ist immer auch Konsumgeschichte und dies lässt den Übergang zu den 1960er Jahren als tiefe Zäsur erscheinen als mit dem Wirtschaftsboom ein tiefgreifender sozialer Wandel eingesetzt hatte und fortwirkte Die Alltagspraxis und Aufmerksamkeitsökonomie der Konsumgesellschaft waren fundamental für die politische Verständigung mit den Vertretern der parlamentarischen Demokratie In dieser Szenerie betraten um 1968 Protestakteure als neue demokratische Mitspieler die lokalen Bühnen und versuchten die Regeln der etablierten Politik zu brechen Um untersuchen zu können welchen Einfluss sie nahmen transzendiert der Untersuchungszeitraum der Arbeit den Ölpreisschock von 1973 und damit das Ende des Booms das mit Martin Conway und im Einklang mit anderen Historikern auch Europe’s Democratic Age zum Abschluss brachte 148 Es wird zu klären sein inwiefern diese Zäsuren und das um sich greifende Krisenbewusstsein der 1970er Jahre die Verständigung zwischen Wahlbürgern und Parteiendemokratie in den beiden postfaschistischen Demokratien beeinflussten und welche Bedeutung der politischen Gewalt dabei zukam 149 Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich bis zum italienischen Parlamentswahlkampf von 1979 und blickt damit über das lungo Sessantotto »lange Achtundsechzig« hinaus das in der italienischen Periodisierung 1977 endete und ein Jahrzehnt militanter sozialer und politischer Bewegungen darstellte 150 Der letzte Wahlkampf vor dem »Deutschen Herbst« von 1977 und der erste nach der Entführung und Ermordung Aldo Moros müssten folgt man den Vorschlägen der historischen Forschung Übergangsmomente in eine neue Form parlamentarischer Demokratie und demokratischer Staatlichkeit markieren 151 Inwiefern die letzten nationalen Wahlen der 1970er Jahre diese Dekade als eine Phase des Übergangs ausweisen und welche Wege Westdeutsche und Italiener bis dahin als Souveräne zweier Wählerdemokratien gegangen waren wird abschließend zu bilanzieren sein Das Buch beobachtet Deutsche und Italiener in einer parallelkontrastierenden Darstellung und wechselt zwischen den Orten hin und her Die Kapitel einleitungen dienen der Einführung und vergleichenden Diskussion des Forschungsstandes In fünf Kapiteln schreitet die Geschichte chronologisch voran wobei ihr systematisches Erkenntnisinteresse die Übergänge fließend gestaltet Der Schwerpunkt liegt kontraintuitiv zur historiographischen 148 Vgl G Eley Corporatism 2012 D Stone Postwar Europe 2012 S 11 149 Zu den widerstreitenden Deutungen der 1970er Jahre gerade im transnationalen Vergleich der Historiographien aber auch mit Blick auf einzelne Gesellschaften vgl A Giovagnoli Gli anni settanta 2010 S Levsen Einführung 2016 150 Zu einer Diskussion vgl G C Marino 1968–1977 2011 151 Vgl u a N Büchse Von Staatsbürgern zu Protestbürgern 2007 insb S 328 M Tolomelli Italienische Verhältnisse 2009 S 448 f